Optimal vorbereitet ins Finale

Der große Prüfungsratgeber

von Iwona Ciemielewska

 

10. Kapitel

So laufen die mündlichen Prüfungen (staatlich) ab:

Nun seid Ihr am absoluten Schlusspunkt angekommen! Die allerletzte Etappe steht an und Ihr müsst Euch ein letztes Mal alle Eure Reserven mobilisieren!

Hier ein Tipp zu den Formalien im Vorfeld der mündlichen Prüfungen: Auch wenn Ihr zum Zeitpunkt der offiziellen Anmeldungsformalitäten (siehe oben) wahrscheinlich sehr ungeduldig sein werdet und das Prüfungsprozedere so schnell wie möglich hinter Euch bringen wollen werdet, empfehle ich Euch wärmstens, Euch nicht unbedingt für die mündlichen Prüfungen „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ einzutragen, sondern die Prüfungsoption „Anmeldung um übernächsten mündlichen Prüfungstermin“ in Euren Formularen anzukreuzen. Denn: Ihr solltet die mündlichen Prüfungen auf keinen Fall unterschätzen!! Ihr werdet sehr viel vorbereiten müssen: Zwar müsst Ihr pro Fach nur zwei thematische Schwerpunkte vorbereiten, diese werden aber umso tiefgehender behandelt, was unterm Strich auf ein, verglichen mit dem schriftlichen Prüfungsprozedere, etwa gleich intensives Vorbereitungspensum hinauslaufen wird. Anders gesagt: Formelle thematische Schwerpunkte können leicht darüber hinwegtäuschen, dass Ihr de facto sehr viel vorzubereiten haben werdet. (Auch die kurzen Prüfungszeiten von jeweils 30 Minuten + Vorbereitungszeit sollten Euch nicht dazu verleiten, zu glauben, dass Ihr wenig vorbereiten müsst! Die Themenkreise werden aber jeweils sehr umfangreich sein, nur der Prüfungsrahmen ist hier zeitlich anders gesetzt und es wird einfach stichprobenartiger geprüft!). Nehmt Euch genug Zeit und werdet zum Schluss bloß nicht ungeduldig und „todesmutig“, denn ein Durchfallen in den mündlichen Fächern würde bedeuten, dass Ihr noch mal von vorne anfangen müsst (bei den Probeklausuren nämlich!). Also: Cool bleiben und es möglichst langsam und besonnen angehen lassen! (ACHTUNG: Ich habe einige Prüflinge kennen gelernt, denen es zunächst nicht schnell genug gehen konnte, sie aber nach Einblick in die Prüfungsmaterie feststellen mussten, dass sie das Pensum so schnell nicht schaffen. Manche versuchten dann verzweifelt, den Rückwärtsgang einzulegen und „irgendwie“ von den Prüfungen zurückzutreten, was aber, außer bei schulamtsärztlicher Genehmigung im Krankheitsfall, schlichtweg nicht mehr geht. Einmal zu den Prüfungen angemeldet, muss man diese (im schlimmsten Fall miserabel vorbereitet!) antreten, sonst heißt es auf Anhieb „Nicht bestanden!“.

Nun: Ob nun nach wenigen Monaten oder einem Dreivierteljahr nach den schriftlichen Prüfungen- für die meisten der Prüflinge endet das jahrelange Abenteuer „Abitur via Fernlehrgang“ an diesem Punkt endlich mit viel Aufregung und Freude. Doch was passiert während dieser –sehr oft besonders gefürchteten- Etappe?

Nun: Die Einladung zu den mündlichen Prüfungen wird wiederum die genauen Termine und eine –das ist neu- Prüfungsnummer pro Prüfling enthalten. Der Prüfungsplan ist nach Prüfungstagen geordnet und erstreckt sich bis zu einem Zeitfenster von 1,5 bis 2 Wochen (wobei man selbst natürlich an nur wenigen Tagen zu der Prüfung erscheinen muss, zu den Zeiten nämlich, die man im Prüfungsplan der eigenen Prüfungsnummer zuordnen kann). So kann es passieren, dass man seine vier Prüfungen an nur zwei Tagen über die Bühne bringen darf (zum Beispiel 2x2 Prüfungen, so wie es bei mir gewesen ist), oder aber dass die eigenen Prüfungen auf mehrere Tage gestreckt sind und man zwischendurch sogar 1-2 Tage Pause hat. Beides hat Vor- und Nachteile, je nach persönlichem Empfinden.

Zu den mündlichen Prüfungen muss man jeweils mindestens eine halbe Stunde vor dem angegebenen Zeitpunkt erscheinen, weil man vor dem „Gang in die Höhle des Löwen“ eine dreißigminütige schriftliche Vorbereitungszeit absolvieren muss. Diese sollte man durch zu spät kommen auch nicht verkürzen, denn dann geht man möglicherweise sehr unvorbereitet und noch mehr gestresst als ohnehin schon in die Prüfung. (Habe ich bei einer Leidensgenossin erlebt und… sie machte einen bemitleidenswerten Eindruck! Also: Schön ÜBERpünktlich kommen, durchatmen und los geht` s.)

Je nach Räumlichkeiten werdet Ihr auf einige geschlossene und mit „Prüfung: Bitte nicht stören!“ - Schildern versehenen Türen und reihenweise überall verstreute oder auf Bänken hockende Mit-Prüflinge treffen. Auch wird Eure Fernschule vertreten sein (eine leitende Person des Fernlehrinstituts wird Euch zur Seite stehen, Euch in Empfang nehmen und ein paar nette Worte gleich zur Begrüßung loswerden).

Je nach Fernschule und Prüfungsort werdet Ihr auf mehrere ausgeschilderte Aufenthaltsräume stoßen, wo Ihr auch mal rauchen und quatschen könnt, solange Ihr auf Eure (nächste) Prüfung wartet. Dort, in der Vorhölle Eures mündlichen Prüfungsdurchgangs ;o), werdet Ihr Diskussionsrunden, kleine Dramen und fleißige büffelnde Bienchen erleben: Jeder bewältigt den Stress anders und es ist sehr aufregend und wirklich interessant zu sehen, wie die Mit-Prüflinge so mit ihrem Gefühlschaos umgehen. Jedenfalls fühlt man sich, unabhängig vom Fach, sehr „in einem Boot“.

Von diesen Aufenthaltsräumen aus begebt Ihr Euch (wahrscheinlich unaufgefordert) zu einem Raum, wo Ihr unter Aufsicht und einer gewissen Anleitung (in der Regel ist der Prüfungsleiter von der Schulbehörde der Aufsicht habende) die schriftliche Vorarbeit für Eure mündliche Prüfung anfertigen werdet. Dies soll innerhalb von 30 Minuten geschehen. Dabei werdet Ihr feststellen: Es gibt jede Menge zu tun! Die 30 Minuten reichen in der Regel nur sehr knapp, um alles Wesentliche zu den jeweiligen Aufgaben zu notieren (Selbstverständlich solltet Ihr an dieser Stelle nur Stichworte verwenden: Ausformulierte Aufsätze tun nicht Not und sind schlicht fehl am Platz!). Konzentriert Euch (trotz der Angst vor der bevorstehenden Prüfung) und konzipiert Eure Antworten gut, denn die Prüfung an sich ist wirklich kurz und man sollte möglichst viele Aspekte abgedeckt haben. Auch hier gilt: Zeit gut aufteilen und nicht zu lange an einer Frage kleben bleiben. Solltet Ihr nicht alle Fragen beantworten können: Ist nicht dramatisch! Die Prüfer werden Euch das nicht sehr übel nehmen und von dem ausgehen, was Ihr geschafft habt bzw. sowieso ihre eigenen Fragen stellen.

Noch eins: Die schriftlichen Notizen werden wahrscheinlich nicht gerade nach Sonntagsschrift aussehen (Stress, Hektik, Ungeduld). Macht nichts! Die wenigsten gucken während der Prüfungen in ihre Notizen!! Denn: Was man aufgeschrieben hat, das hat man noch frisch MENTAL vor Augen, sodass Nachgucken in der Regel sowieso nicht nötig sein wird (Also: Keine Bange! Das Klischee, dass Ihr während der mündlichen Prüfungshölle Eure eigenen Notizen nicht lesen könnt und nervös hin und her blättert, ist in der Regel Blödsinn und erfüllt sich nicht! Die Notizen sind nicht Selbstzweck sondern Mittel zum Zweck: Ihr werdet sie wahrscheinlich kaum beachten!).

Nun geht es los: Ihr werdet von Eurem jeweiligen Prüfer in der Regel zur Prüfung persönlich abgeholt, gegebenenfalls müsst Ihr Euch allein in den Prüfungsraum begeben (bei mir war es gemischt). Okay, dieser Gang ist wirklich sehr schwer und fühlt sich an wie der Weg zum Scharfrichter. Ihr werdet ihn wie in Trance erleben und Euch an das andere Ende der Welt wünschen. Ja, es ist so (leider). Aber: Kaum im Prüfungsraum angekommen… aber seht einfach selbst!

Nun seit Ihr am Ziel Eurer Alb-Träume angekommen: Dem Ort Eurer mündlichen Prüfungshölle. Hier werdet Ihr die Tür hinter Euch schließen und feststellen, dass Ihr in der Regel drei Personen gegenüber sitzt: Der Prüfungskommission. Dabei kann es passieren, dass diese Kommission entweder auf der Lehrer-Position Platz genommen hat (also vorne, während Ihr selbst in einem der vorderen Schüler-Plätze sitzen sollt), oder aber (das ist in meinen Augen angenehmer) Ihr vorne im Raum sitzt, während die Prüfer auf den Schülerplätzen hocken (Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten: Die ganz netten und einfühlsamen Prüfer verstreuen sich wie zufällig im Raum, um ja keine Verhör-Atmosphäre aufkommen zu lassen. ODER aber sie sitzen Euch - wie eine Wand in Reih und Glied- gegenüber: Das ist allerdings seltener.)

Zu den möglichen Konstellationen innerhalb der Prüfungskommission: In einer jeden Prüfung wird Protokoll geführt. Dabei kann es passieren, dass nur ein Prüfer Protokollant ist, oder aber man wechselt sich ab und jeder der Anwesenden kommt in den Genuss des Protokollführens.

Zu den Gesprächsführenden: Auch hier sind mehrere Möglichkeiten gegeben. Es kann passieren, dass Ihr von nur einem Prüfer geprüft werdet, während die anderen nur zuhören / protokollieren, ODER aber, dass zwei oder drei Prüfer je einen getrennten thematischen Part innerhalb der Prüfung übernehmen, ODER es wird so sein, dass einer der Hauptprüfer ist, während die anderen Anwesenden sich mehr oder weniger einklinken. Die Aufteilung nach Themen scheint mir aber die gängigste Variante zu sein. Welche Person „Abgesandter“ der Schulbehörde ist, das werdet Ihr wohl nie erfahren. Die Prüfungskommission stellt sich in der Regel nicht vor und man kann nur Vermutungen anstellen.

Wen es interessiert: Prüfungskommissionen sind in der Regel männerlastig. Während der 4 Prüfungen bin ich 9 Männern und nur 3 Frauen begegnet, also ein sauberes 3:1 – Verhältnis.

Noch eine Anmerkung zu den Anwesenden: Wie Euch eventuell schon bekannt ist, dürft Ihr eine Betreuungsperson von Eurer Fernschule in der Prüfung dabei haben. Dies wird diejenige Person sein (beim ILS meist Frau Heinrich oder Frau Dr. Srocke oder beide), die in den Fluren und Aufenthaltsräumen des Prüfungsortes als guter Geist herumschwebt und gute Ratschläge, Taschentücher oder Mineralwasser verteilt. Diese kann auf Wunsch mit Euch in die Prüfung gehen und im Notfall eingreifen. Ich selbst wurde vor den jeweiligen Prüfungen gefragt, ob ich dies wünsche, habe es aber nicht in Anspruch genommen mit der Begründung, die Anzahl der Zuhörer auf ein Minimum begrenzen zu wollen (Ehrlich gesagt: Gerade die Studienleitung der eigenen Fernschule wollte ich nicht unbedingt - im wahrsten Sinne- im Nacken haben, denn der Druck, alles richtig zu machen, hätte mir dann zu sehr zu schaffen gemacht.)

Was mit der Nervosität passiert? Ich kann Euch nur sagen: Sie wird - im Vergleich zu den Stunden und Minuten von vor der Prüfung - wahrscheinlich sehr viel an Intensität eingebüßt haben. Im Prüfungsraum angekommen, werdet Ihr zwar nervös, aber ANDERS nervös sein. Anders gesagt: Das Schlimmste ist das Warten auf die Prüfung, nicht das Gefühl während der Prüfung an sich (Übrigens: Dies ist eine psychologisch belegte Tatsache: Der Stresspegel ist im Vorfeld einer Prüfung am größten und fällt rapide mit Beginn der Prüfung!!).

Und nun geht es los. In der Regel wird sich erst zaghaft an den Stoff herangetastet. In einer fremdsprachlichen Prüfung beispielsweise wird man zunächst gebeten, ein paar Zeilen aus dem vorgelegten Text vorzulesen (hier wird geprüft, ob man einigermaßen gut und akzentuiert in der jeweiligen Sprache lesen kann). Dann wird nach dem Schema „Sie haben sich zum Thema XY einige Gedanken machen müssen. Sagen sie doch mal…“ losgefragt. Ihr werdet anfangen, anhand des soeben in der Vorbereitungszeit Erarbeiteten, zu antworten. Zunächst werden die Prüfer nur zuhören und versuchen, sich auf Euch einzustellen. Dann ergeben sich schon die ersten Zwischenfragen. Im Idealfall entwickelt sich das Prüfungsgespräch im Folgenden zu einem richtigen Diskurs und einem tatsächlich spannenden Gespräch. Wenn nicht: Nicht schlimm! Die Prüfer sind dazu da, Euch ein wenig zu schubsen und Euch notfalls alles aus der Nase zu ziehen.

Solltet Ihr Euch zu einem bestimmten Thema zu sehr verquatschen, wird einer der Prüfer Euch schon mehr oder weniger dezent bremsen und Euch zu verstehen geben, dass Ihr erschöpfend genug geantwortet habt. Lasst Euch davon nicht verunsichern: Das ist nicht negativ zu werten, ganz im Gegenteil! Umgekehrt gilt auch, dass Ihr Euch von scheinbar ungeduldigen Prüfern, die Euch ein wenig „hetzen“, nicht in die Enge treiben lassen solltet: Bei mir war es so, dass mir ein Prüfer mit seiner (im Nachhinein gesehen gespielten) Ungeduld richtig auf den Zeiger ging und ich dachte „Was will er denn bitteschön noch hören?!“ Ich hätte ihn erschlagen können! Nach der Prüfung war es aber genau diese Nervensäge, die mir in den Aufenthaltsraum mit hochrotem Kopf gefolgt ist und meinte „Psst, nicht weitersagen: Sie haben 15 Punkte!“. Also: Bloß nicht verrückt machen lassen: Das ist oft genug nur Masche, wenn es denn überhaupt jemals passiert.

Habt Ihr einen Durchhänger: Nur mit der Ruhe. Die Prüfer merken in der Regel schnell, woran es hapert und geben Euch Neustart-Hilfe. Im schlimmsten Fall wird dann zu einem anderen Aspekt übergegangen. Auf keinen Fall wird sich da jemand hinstellen und Euch lächerlich machen, blöde Sprüche klopfen oder Euch offen kritisieren. Schließlich seid Ihr keinem einzelnen Prüfer und dessen Willkür ausgeliefert, sondern einem Team, wobei davon auszugehen ist, dass man sich dort gegenseitig ein wenig auf die Finger schaut.

Ach so, by the way: Wie die Prüfer so sind? In der Regel sehr nett und weitaus weniger förmlich, als man sich dies ausmalt. Es sind Herrschaften in Norwegerpullover und Nickelbrille, mit Bart, ohne Bart, Ökos, typische Lehrerinnen mir Seidenhalstuch oder aber ältere Herren in Cord-Sakko und Schuldirektor-Touch. Ein bunter Haufen mit meist sehr viel Routine ABER –wenn auch nicht immer- viel Begeisterungsfähigkeit für Themen und Prüflinge. Kurz: Sie sind einfach erschreckend normal. Dies lässt einen schon im Vorfeld ein wenig aufatmen (vielleicht deshalb, weil man sich von seiner irrationalen Prüfungsangst, die vor dem inneren Auge richtige Monster erwartet hatte, plötzlich – glücklicherweise! - betrogen fühlt).

Schneller als gedacht (zumindest im Idealfall) wird die Prüfung auch schon wieder vorbei sein. Es ist in der Regel ein wenig so, wie bei einer Sturzgeburt: Man fragt sich ernsthaft „Wie, das war ´s schon?“. Kaum habt Ihr den Prüfungsraum betreten, schon sagen Euch die Prüfer: „So, Frau / Herr Soundso, sie haben es überstanden. Lassen Sie Ihre Notizen bitte gleich da (die werden aufbewahrt). Es hat uns sehr gefreut!“. (Übrigens. Keine Sorge, die Notizen werden nur pro forma aufbewahrt. Prüfungsentscheidend ist das in der Prüfung Gesagte. Niemand kann Euch im Nachhinein einen Strick aus den Notizen drehen!)

Das Ergebnis der Prüfung wird Euch nicht sofort in der Prüfung mitgeteilt! Die Prüfungskommission wird sich zunächst beraten und über Euer Ergebnis entscheiden: Allerdings erst, sobald Ihr den Raum verlassen habt. Dies nimmt, soweit ich mich noch richtig erinnere, etwa zehn Minuten in Anspruch. Die Ergebnisse werden dann der (stets fleißig hin und her laufenden) Prüfungsleitung übermittelt, die Eure jeweiligen Einzelergebnisse sammelt. Eure Betreuer von der Fernschule erfahren die Punkte in der Regel ebenfalls nicht, unterhalten sich aber nach Eurer Prüfung mit der jeweiligen Prüfungskommission über den Ablauf der Prüfung. Bei Punkte-Engpässen wird Euch diese Betreuungsperson schon ansprechen und beraten. Die Punkte selbst aber sind im Normalfall zunächst noch top secret.

Dann geht für Euch das große Warten los: Entweder auf die nächste Prüfung, oder aber, wenn Ihr die letzte Prüfung überstanden habt, auf Eure Prüfungsergebnisse. Im letzteren Fall (jippie!!!) wird der Prüfungsleiter Euer letztes Prüfungsergebnis von den betreffenden Prüfern abholen und in sein Zimmerchen verschwinden, während Ihr (meist von anderen Prüflingen oder aber der Vertretung Eurer Fernschule ein wenig gestützt und geherzt ;o)) draußen wartet. Dabei heißt es meist schon zu diesem Zeitpunkt: „Glückwunsch zum Abitur!“, denn bei einem Durchfallen bräuchte der Prüfungsleiter ja nicht in sein Zimmer zu gehen und zu rechnen!! Also: Sobald der Prüfungsleiter hinter seiner Tür verschwindet, dürft Ihr Euch selbst schon mal auf die Schulter klopfen.

Nun: Wie und was rechnet der Prüfungsleiter da? Was müsst Ihr erreicht haben, um Euer Ziel zu erreichen? Also: Die schriftliche Prüfung als bestanden natürlich vorausgesetzt, müsst Ihr in der mündlichen Prüfung:

1) in keinem der Fächer 0 Punkte (also eine 6)
2) insgesamt mindestens 20 Punkte einfacher Wertung (also einen Durchschnitt von 4.0)
3) in höchstens einem Fach weniger als 4 Punkte (also eine 4-)

erreicht haben.

Die Hochschulreife insgesamt habt Ihr bestanden, wenn Ihr BEIDE Prüfungsteile – den schriftlichen und den mündlichen Part - bestanden habt. Dabei gilt folgender Schlüssel für Eure Abitur-Note:

Schriftliche Prüfung: Die Leistungskurse werden mit 12, die Grundkurse mit 8 multipliziert.
Mündliche Prüfung: Jeweilige Ergebnisse jeweils mit dem Faktor 4 multipliziert.
Werden addiert und eine Durchschnittsnote wird berechnet.
(Solltet Ihr eine schriftliche Prüfung verhauen haben und mündlich nachgeprüft werden müssen, wird bei Leistungskursen mit zweimal 6 multipliziert –einmal schriftlich, einmal mündlich-, bei den Grundkursen gilt Analoges, also zweimal Faktor 4.)

Nun zurück zu dem Finale Eurer mündlichen Prüfung. Einige Minuten nachdem der Prüfungsleiter in seinem Zimmer verschwunden ist, wird dessen Tür aufgehen und Ihr selbst hereingebeten. Er wird Euch einen Sitzplatz anbieten und die Prüfungsergebnisse mit Euch besprechen. Im Normalfall wird es heißen: „Ich darf Ihnen gratulieren, sie haben die Reifeprüfung soeben bestanden.“. Dann folgen noch eine kurze Analyse der einzelnen Ergebnisse und eine Reflexion über die Gesamtleistung, sowie eine Erklärung zum Benotungsschlüssel. Auch wird sofort an Ort und Stelle Euer Abi-Schnitt ausgerechnet und Euch (unter Vorbehalt: auf minimale Rechenfehler werdet Ihr hingewiesen) mitgeteilt. Dann werdet Ihr wahrscheinlich nach Euren weiteren Plänen oder Studienwünschen gefragt und mit einem Händedruck in Eure nunmehr glorreiche Zukunft als stolzer Externen-Abiturient entlassen!

Das war´ s! Ihr habt es geschafft und taumelt halb ohnmächtig aus dem Raum. Vor der Tür werden wahrscheinlich einige Euch bereits vertraute und lieb gewordene Mit-Prüflinge warten und Euch mit großen Augen angucken. Auch die Betreuungsperson vom Fernlehrinstitut wird Euch empfangen und als eine der Ersten gratulieren. Jubel-Trubel-Taumel-Kreisch-Seufz. Damit endet Euer langer Weg! Ohne eine krönende Abi-Party, ohne tränenüberströmte Eltern, die Euch erwarten (die werden wahrscheinlich in Eurer Heimatstadt vor dem Telefon sitzen oder auf das Handy starren), ohne ein Gruppenfoto mit der Überschrift „ABI 2007“ oder „ABI 2010“(…). Ihr werdet Euch bestenfalls noch mal mit einigen Eurer Leidensgenossen auf dem Kiez oder sonst wo zum kleinen Feiern treffen und anschließend die Heimreise antreten. Verwirrt, glücklich, erschöpft. Einfach fix und foxi! Und dennoch wahrscheinlich sehr viel dankbarer und erleichterter, als der durchschnittliche 18jährige Abiturient vom Gymnasium um die Ecke.

Etwa zwei Wochen später flattert dann Euer Abiturzeugnis ins Haus. Doppelseitig, schlicht, amtlich. Im Kopf steht dann (je nach dem) „Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Bildung und Sport, Amt für Bildung. Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife.“ Und so weiter. Auf der Rückseite dann lest Ihr: „Frau oder Herr Soundso hat mit Ablegung der Abiturprüfung für Externe die Befähigung zum Studium an einer Hochschule in der Bundesrepublik Deutschland erworben.“ Dienstsiegel der Schulbehörde, Unterschrift der Prüfungsleitung. Irgendwo zwischen Anfang und Ende die Einzelergebnisse. Der Durchschnitt ganz groß hervorgehoben. Das ist das Stück Papier, für welches Ihr viele Jahre lang Euren letzten Cent und Nerv gelassen habt.


Und nun: Ran an die Studienhefte! Denn (mehr oder weniger) bald wird es auch für Euch heißen: Finale! Für dieses Finale wünsche ich Euch alles Gute und hoffe, ich konnte mit meinem kleinen Beitrag zum Thema Externen-Prüfungen Eure Neugier zu dem Thema ein wenig befriedigen. Vielleicht, was mich besonders freuen würde, habe ich bei dem einen oder anderen Fernabiturienten unter Euch einen richtigen Motivationsschub bewirken können.

Also: Viel Erfolg noch - und keine Bange!

© 2006 Iwona Ciemielewska

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